3F Racing-Owner: "Wollen mehr als nur 35. werden"
Zum ersten Mal in der Geschichte der NASCAR Cup Series wird ein deutsch-geführtes Team an den Start gehen - Leftturnsonly.de hat mit Team-Owner Dennis Hirtz im Interview gesprochen
Dennis Hirtz und zwei seiner Weggefährten haben den deutsch-geführten Cup-Rennstall "3F Racing" (alt. "3Friends Racing") gegründet. Der sympathische Team-Owner hat mit 'Leftturnsonly.de' gesprochen und verraten, dass man nicht nur bis 2024 Teilzeit mitfahren, sondern ab 2024 mit einem Charter-Vertrag Vollzeit kompetitiv unterwegs sein will.

Zudem klärt der ehemalige Marketing Director von Phoenix Racing im Interview unter anderem darüber auf, warum das Next-Gen-Auto beim Einstieg doch keine so große Rolle wie gedacht gespielt hat, weswegen Mike Rockenfeller wohl kein 3F-Racing-Pilot werden wird und warum der Chevy-Rennstall keines Wegs als Hinterbänkler-Team angesehen werden sollte.

Leftturnsonly.de: 3F Racing ist das erste deutsch-geführte NASCAR Cup Series-Team in der Geschichte des Sports. Welche Ziele habt ihr euch für die nächsten fünf Jahre gesteckt?
Dennis Hirtz: Unser primäres Ziel ist es, langfristig in der NASCAR Cup Series Fuß zu fassen und über längere Zeit eigenständig zu werden. Wir möchten 2022 in ein paar Rennen vertreten sein. Für 2023 würden wir gerne auf zehn, vielleicht zwölf Rennen aufstocken und mit jeweils unterschiedlichen Fahrern sowohl Rundkurs- als auch Ovalrennen bestreiten.

Wenn alles gut läuft, wollen wir ab 2024 Vollzeit NASCAR fahren. Aber das wird auch sehr stark von der Charter-Situation abhängig sein, da mittlerweile Preise erreicht wurden, die exorbitant hoch sind. Man sagt, dass sich der Wert eines Charter-Vertrags bereits für 2023 auf 20 Millionen US-Dollar beziehen könnte. So was muss man als Team abfangen.

Aber für die nächsten fünf Jahre ist unser Ziel, ein Vollzeit-Team und eigenständiger zu werden. Wir werden mit einem sehr renommierten und erfolgreichen Chevrolet-Team als Kooperationspartner zusammenarbeiten. Der Partner wird auch unser Auto bauen und uns mit Personal (Mechaniker, Pit Crew etc., Anm.) unterstützen. Einfach um sicherzustellen, ein konkurrenzfähiges Auto zu haben.

Mit diesem Team möchten wir anfangen und über die fünf Jahre beibehalten. Aber künftig möchte ich mit 3F Racing auch meine eigene Halle und meinen eigenen festen Mechaniker in Charlotte haben. Am Anfang werden wir aber aus der Halle des Kooperationspartners operieren.

Die sportlichen Ziele sind für die nächsten fünf Jahre, in der Lage zu sein, solide Ergebnisse nach Hause fahren zu können. Deswegen auch der Kooperationspartner, damit 3F Racing nicht um Platz 35 mitfährt. Das ist als Team-Owner nicht mein Ziel.

LTO: Spielt das Next-Gen-Auto dabei eine Rolle? Wärt ihr auch während der Gen-6-Ära eingestiegen?
Hirtz: In die NASCAR zu gehen ist keine wirtschaftliche Entscheidung, es ist für uns viel mehr die Liebe zum US-Motorsport. Ich finde es toll, dass die Next-Gen-Autos ein bisschen mehr an europäische Autos angepasst sind, aber ich wäre auch während der Gen-6-Ära eingestiegen, weswegen das bei der Teamgründung keine Rolle gespielt hat.

LTO: Der Teamname lautet 3F Racing und ihr habt die Nummer 30, die sich wohl daraus ergibt, weil die Nummer 3 nicht mehr frei war. Oder gibt es einen anderen Grund für die Nummer 30?
Hirtz: Tatsächlich ja. Ihr seid die Ersten, die es direkt verstanden haben, warum es die Nummer 30 ist. Ich muss aber auch dazu sagen, dass selbst wenn die Nummer 3 verfügbar gewesen wäre, ich sie nicht genommen hätte.

Die Nummer 3 ist meine Lieblingsnummer und ich habe sie auch auf meinen Privatautos am Heck drauf. Aber als jemand, der Dale Earnhardt Senior immer sehr respektiert hat, wäre das für mich zu anmaßend gewesen, die Nummer 3 für das Cup-Auto zu nehmen. Die Nummer 33 wäre auch eine schöne Option, die liegt aber im Moment bei Richard Childress Racing.

Die Nummer 33 hätte wir uns zwar leihen dürfen, aber dann hätten wir die Rechte nicht gehabt. Ich fand die Nummer 30 ganz schön, weil ich am 30. Juni geboren bin und mein großes Sportidol, der Ex-Goalie der New York Rangers, Henrik Lundqvist, die Nummer 30 gehabt hat. Sie hat also Historie.

LTO: Wer ist neben Dir und Paul Wiedeler die dritte Person von 3F Racing?
Hirtz: Dazu muss ich kurz die Gründungsgeschichte von 3F Racing erklären. Gegründet wurde das Team von mir und zwei alten Weggefährten, mit denen ich beim DTM- und GT3-Team Phoenix Racing war. Dann ist im Nachhinein Paul Wiedeler, der langfristig der Co-Owner werden wird, mit dazu gekommen. Die offiziell dritte Person ist unser Competition Director Doug Reece aus Virginia, der in Berlin lebt. Das sind die drei harten Säulen von 3F Racing.

Mit dabei sind auch eben auch die zwei alten Weggefährten, die beide in große europäische Werksprojekte involviert sind. Den täglichen Arbeitsablauf machen Paul und ich, wenn es um die Technik geht Doug.

LTO: Wie viel steckt von Phoenix Racing in 3F Racing? Gibt es da noch Verbindungen oder ist das völlig getrennt?
Hirtz: Gar nichts. Ich habe nach wie vor einen sehr guten Draht zu Phoenix Racing. Wobei ich sagen muss, dass ich dort nie als Angestellter, sondern mit meiner Marketing-Firma als Marketing Director dabei war.

Fakt ist, dass der Chef von Phoenix Racing, Ernst Moser, mein Mentor ist. Von ihm habe ich in puncto Motorsport am meisten gelernt. Sei es, wie man mit Situationen an der Strecke oder mit dem Personal umgeht. Deswegen habe ich persönlich auch sehr viel mitgenommen, wohl aber auch den Mut, ein Cup-Team zu gründen.

Aber: Ernst hatte nie die US-Affinität, die ich hatte. Früher gab es Phoenix Racing Asia, wobei ich aber immer gerne etwas in den USA in der IMSA gemacht hätte. Wenn ich aber an der Rennstrecke bin, dann trinken wir gemeinsam einen Kaffee und sprechen miteinander. Im Grunde ist es so, dass ich das Mentoring von Ernst mitgenommen habe.  Es gibt aber keine Kooperation oder sonst was. Ich wäre allerdings nie abgeneigt, wenn Ernst etwas zusammen machen will.

LTO: In den Medien wird spekuliert, mit welchem Team ihr zusammenarbeiten könntet, Richard Childress Racing ist ein Thema. Kannst Du uns dazu etwas Näheres sagen?

Hirtz: In dem Moment, wo wir wissen, ob wir bei den letzten Rennen 2022 oder in Daytona 2023 am Start sein werden, werden wir den Namen des Kooperationspartners bekannt geben. Ich glaube aber, dass sich viele denken können, wer der Kooperationspartner sein könnte.

Und ab dem Moment werden wir auch die Fahrer verkünden. Auch wenn es viele Gerüchte gibt, plane ich nicht, einen Formel-1-Fahrer in die NASCAR Cup Series zu bringen. Ich möchte ebenso keinen ‘washed up‘ Rennfahrer nehmen.

Für die Rundkurse würden wir gerne einen sehr erfahrenen Piloten haben. Da sind wir aktuell mit einem sehr guten Freund von mir im Gespräch, der zwei Mal die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hat. Und wenn es um die Ovalrennen geht, haben wir tatsächlich mehrere Optionen.

Dafür schweben mir Fahrer vor, die ich gerne hätte. Aber wir sind ein neues Team und haben keine 50 Millionen US-Dollar auf dem Konto liegen und sagen: Was kostet die Welt. Wir müssen schon darauf achten, dass wir Fahrer haben, die verlässlich sind und eine gewisse Erfahrung sowie Rennintelligenz mitbringen.

Deswegen werden wir für die Ovalrennen auf erfahrene Cup- bzw. Xfinity-Piloten setzen. Wir diskutieren aktuell die Situation, ob ein Fahrer aus dem NASCAR-Ruhestand zurückkehrt. Solange wir nicht Vollzeit fahren, ist es spannend, verschiedene Optionen auszuprobieren, um zu lernen und sagen zu können: Das sind die Unterschiede, wenn wir mit Fahrer A oder Fahrer B arbeiten.

LTO: Die Fahrer-Frage bleibt das Thema. Mike Rockenfeller hat zwei Mal die 24 Stunden von Le Mans gewonnen und ist am vergangenen Sonntag in Watkins Glen gefahren. Wäre er eine Option?
Hirtz: Ich habe mit „Rocky“ ganz wenig Kontakt und war super überrascht, als ich erfahren habe, dass er für Spire Motorsports fährt. Aber mit seinem Einsatz habe ich wirklich gar nichts zu tun.

Durch seine Vorgeschichte bei Phoenix Racing dachte ich mir: Jetzt kommen die Gerüchte. Ich kann aber versprechen, dass wir nichts mit Rockenfeller zu tun haben.

Allerdings kann man, wenn sich etwas ergibt, ins Gespräch kommen. Aber den Fahrer, den ich gerne für die Rundkurse hätte, will ich auch aus persönlichen Gründen.

LTO: Du willst als Team-Owner jeweils einen Rundkurs- und einen Oval-erfahrenen Piloten haben. In der NASCAR Xfinity Series fahren Kaliber wie Justin Allgaier oder AJ Allmendinger mit. Allgaier war gar ein Gerücht, wie viel ist da aber dran?
Hirtz: Wenn ich einen erfahrenen Xfinity-Fahrer nehme, sei es ein Justin Allgaier oder ein AJ Allmendinger, hätten die am Sonntag ja Zeit, da die NASCAR Xfinity Series am Samstag fährt. Das hängt aber von deren Interesse ab und ob sie die Lust haben, bei einem neuen Team zu fahren. Aber das sind die Fahrer, an denen ich interessiert bin, muss ich ehrlich sagen.

Ich kenne Justin auch persönlich, er ist ein wahnsinnig angenehmer und erfahrener Mensch. So einen Xfinity-Fahrer im Auto zu haben, wäre spannend und würde ich eher wählen als einen Youngster. Deswegen ist es mir lieber, zu Beginn verlässlich zu fahren und beispielsweise bei einem Superspeedway-Rennen auf Platz neun zu verbleiben. Sowas bevorzuge ich, statt alles auf eine Karte zu setzen.

Allmendinger ist sehr fest mit Kaulig Racing verbunden, aber am Ende sind Teams wie Kaulig Racing von Chevrolet unterstützt und reden miteinander. In der Vergangenheit hat immer wieder ein Cup- oder Xfinity-Fahrer bei einem anderen Chevy-Team ausgeholfen, auch wenn, wie zum Beispiel bei Michael Annett und Austin Dillion im Vorjahr, JR Motorsports und Richard Childress Racing nichts miteinander zu tun haben.

Mich haben andere Xfinity-Fahrer kontaktiert und gefragt, ob 2023 ein Cockpit für ein oder zwei Rennen verfügbar wäre. Das hängt allerdings auch vom Geld ab. Wir sagen jetzt zehn bis zwölf Cup-Rennen, die 3F Racing 2023 fahren will. Aber wenn ein Xfinity-Fahrer mit einem Hauptsponsor kommt, der unbedingt im Cup fahren will, bin ich gegen ein extra Rennen nicht abgeneigt, solang ich nicht mein Haus verkaufen muss.

LTO: Ihr habt in euren Reihen auch Christopher Tate. Wie ist der Plan mit ihm?

Hirtz: Christopher ist hauptberuflich US-Marine und fährt Late Models. Mein aktueller Plan ist, vielleicht mit ihm in diesem Winter noch ein wenig zu fahren. Ich würde gerne zwei Late Models mit Orion Motorsports einsetzen und da Christopher und eventuell einen deutschen GT-Fahrer, der ein Freund von mir ist, fahren lassen.

Das langfristige Ziel von Christopher ist die NASCAR Camping World Truck Series. Da sind wir ihm auch super behilflich und wir würden auch ein ARCA-Rennen mit ihm fahren. Aber das primäre Ziel ist ganz klar, das Cup-Team fertig zu machen und dann die nächsten Schritte zu gehen.

In der Vergangenheit habe ich Piloten wie Max Hofer und Philip Ellis zu Phoenix Racing geholt und immer viel Fahrerentwicklung gemacht. Ich möchte auch junge Fahrer zu 3F Racing holen und das so ein wenig weitermachen. Und wenn ich die Chance habe, etwas Late Model, ARCA oder Trucks zu machen, bin ich völlig offen.

Deswegen ist Christopher der erste Fahrer, den wir unterstützen. Aber es wird nicht passieren, dass wir erst ARCA und dann Trucks fahren, bevor wir im Cup starten.

LTO: Wie ist die Kooperation mit Chevrolet entstanden?
Hirtz: Seitdem ich ein Kind bin, bin ich ein ganz großer Chevrolet-Fan. Ich fahre einen Monte Carlo (1987) und einen Camaro.

Ich bin groß geworden mit Terry Labonte, Jeff Gordon und Dale Earnhardt Senior. Dadurch ist es dann immer bei Chevrolet geblieben. Auch während ich bei Phoenix Racing war, hatte ich immer einen guten Kontakt zu Richard Childress Racing. Eric Warren, ein Freund von mir, war Technischer Direktor bei RCR und ist jetzt Direktor für das NASCAR-Programm bei General Motors.

Als ich die Idee hatte, NASCAR zu machen, habe ich ihn kontaktiert und meinen Plan erklärt. Auch wenn der Weg lang ist, war mir von Beginn an klar, dass wir Chevrolet fahren werden. Wir bekommen keinen finanziellen Support, aber General Motors bietet mit dem neuen Technical Center in Concord tolle Möglichkeiten.

Mit Bildmaterial von 3F Racing