Bewertung: Würth 400 in Dover
Bewertung: Würth 400 in Dover
Das Würth 400 auf der "Monster Mile" von Dover ist in den Büchern - Eine Bewertung von Alessandro Righi

Liebe #GermanHomeofNASCAR-Community,
in Delaware feierte Martin Truex Jr. seinen vierten Dover-/Heimsieg auf Cup-Niveau. Doch der eigentliche Dominator des Tages war William Byron, der auf Sage und Schreibe 193 von möglichen 400 Führungsrunden kam, während Pole-Setter Kyle Busch nach einer frühen Speeding-Strafe völlig unterging.

Wollen wir aber in der Bewertung einen genaueren Blick auf die Top Ten plus ausgewählte Fahrer werfen.

Sieger Martin Truex Jr.: Zwar hat er Anfang des Jahres den Clash für sich entschieden, der letzte Sieg in einem Punkterennen war vor dem Dover-Renntag auf den 11. September 2021 datiert - eine Durststrecke von 54 Rennen. Seitdem mühte sich Truex, der 68 Führungsrunden sammelte, vergeblich um den Victory-Lane-Besuch ab. Doch beim Heimspiel in Dover, Bruder Ryan hatte es beim Xfinity-Rennen am Samstag vorgemacht, dass ein Truex-Sieg auf der "Monster Mile" möglich ist, spielte "MTJ" alles in die Karten. Der Zock von Crew Chief James Small, bei der Logano-Caution kurz vor Ende nur zwei Reifen wechseln zu lassen, hat sich absolut ausgezahlt. Glückwunsch an die Truex-Familie!

Zweiter Ross Chastain: Zunächst muss ich den amtierenden Cup-Vize-Meister abwatschen. Was war das für eine, es sei mir verziehen, beschissene Aktion gegen die #15 von Brennan Poole. Vor allem? Warum? Es war Stage 1, was hätte Chastain gewinnen können? Naja, sei es drum. Der Trackhouse-Pilot war bärenstark, das will ich auch gar nicht abstreiten. Am Ende haben aber die vier Reifen nichts gebracht, dennoch stehen ihm 98 Führungsrunden und der Stage-2-Sieg zu Buche.

Dritter Ryan Blaney: Sehr gutes Rennen. Auf Rang drei schien er in Dover seine Wurzeln geschlagen zu haben. Null Führungsrunden, aber doch lange Zeit - vor allem in der letzten Stage - schier unschlagbar im Kampf um P3. Die Vorstellung hat mir gefallen, muss ich zugeben, auch wenn ich ihn fast schon chronisch gerne kritisiere.

Vierter William Byron: Die Holzmedaille ist absolut bitter für Byron. Dabei sah der Stage-1-Sieger, der 193 Führungsrunden sammelte, lange Zeit wie der Sieger aus. Bis das Setup und die Reifen bei der #24 nicht mehr mitspielten und Byron wie ein Stein zurückfiel. Byron hätte sich ebenfalls den Sieg verdient gehabt. Wie ich finde, war das einer seiner besten Leistungen in dieser Saison.

Fünfter Denny Hamlin: Ehrlich gesagt habe ich wenig zu sagen. Zwar hat er mir gefallen, aber den Grund, warum er Bell anschnaufen musste, habe ich nicht verstanden.  Sei es drum: P5 markierte das vierte Top-Ten-Ergebnis in der Saison 2023. 

Sechster Christopher Bell: Solider Arbeitstag vom Piloten mit der Startnummer 20. Der JGR-Fahrer zeigte mit dem achten Top-Ten-Ergebnis im elften Rennen einmal mehr seine Konstanz, die ihn in der Saison 2023 definitiv sehr weit bringen wird, wenn nicht sogar bis ins Finale in Phoenix.

Siebter Tyler Reddick: Unauffällig, aber effektiv. Das fünfte Top-Ten-Ergebnis in der Saison 2023 dürfte dem 23XI-Piloten ein gesundes Momentum geben, weiter an sich zu arbeiten. 

Achter Brad Keselowski: Der Trainingssieger hielt sich wacker bei der Musik und spurtete gar über weite Teile hinweg in den Top 5 mit. Bei RFK lauert das Potenzial, aber Fehler wie ein loses Rad in der Pit Lane müssen unterbunden werden.

Neunter Chris Buescher: Unauffällig, aber effektiv. Genau das, was man von ihm im RFK-Ford erwarten kann. Sehr guter Arbeitstag, der mit dem vierten Top-Ten-Ergebnis in der Saison 2023 belohnt wurde.

Zehnter Josh Berry: Seine drei Führungsrunden entstammen zwar dem Green-Flag-Boxenstopp-Zyklus, aber Berry hat erneut bewiesen, dass er mit 32 Jahren das Talent für und den Anspruch auf ein Stammcockpit hat. Gönnen würde ich es ihm, denn ich denke, dass er eine dauerhafte Bereicherung für die Cup Series wäre.

Ausgewählte Nicht-Top-Ten-Fahrer
Platz 13, Ty Gibbs: Die Vorstellung hat mir brutal gut gefallen. Der Gibbs-Schützling fuhr zeitweise gar in den Top 5. Für mich einer der Fahrer des Tages.

Platz 14, Corey LaJoie: Er entwickelt sich für mich zum "Fahrer des Jahres", wenn das so weitergeht. Mit dem Spire-Chevy - und den Status des Materials kennen wir alle - über die Saison hinweg solche Leistungen zu zeigen, ist mehr als nur beeindruckend. Sein sechstes Top-20-Ergebnis in der laufenden Saison, sehr stark! LaJoie hat erneut bewiesen, dass auch er das Talent hat, in besserem Material vorne mitzufahren.

Platz 17, Ryan Preece: Das war mein Siegertipp. Und ich wurde bitter enttäuscht. Gut, hätte vielleicht nicht davon ausgehen sollen, dass Preece die Martinsville-Nummer in Dover wiederholen kann. Sei es drum. Das Talent für den richtigen Tipp hatte ich sowieso nie.

Platz 19, Kevin Harvick: Schade, beim letzten Dover-Rennen so ein Ende zu nehmen. Dabei hatte Harvick richtig mit den Reifen zu kämpfen, hatte gar, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, die Sorge, dass sich ein Reifen komplett verabschieden könnte.

Platz 21, Kyle Busch: Die Speeding-Penalty in der Competition Caution, verbunden mit der folgenden Beschädigung in der Suarez-Dillon-McLeod-Caution und dem Fallen aus der Führungsrunde zum Ende von Stage 1 haben dem RCR-Piloten wahrscheinlich bereits früh das Rennen gekostet. Schade für Kyle Busch, der aber bereits zwei Siege in der Saison 2023 auf dem Konto hat. 

Platz 31, Joey Logano: Das war nichts. Nichts lief im Rennen so, wie es sollte. Aber wirklich null. Ein bescheidener Arbeitstag. 

Platz 32, Kyle Larson: Respekt dafür, das Rennen trotz des Unfalls mit Poole zu Ende zu fahren. P32 hat dann zwar nicht mehr viel gebracht, aber immerhin hat man sich die Zielflagge abgeholt.

Platz 33, Brennan Poole: Schade, dass sein Cup-Comeback nach 79 Runden wieder beendet war. Mir hängen geblieben ist eines, als er auf Ross Chastain angesprochen wurde: "He probably needs to get his butt whooped." Einer der Sprüche des Jahres 2023.

Fazit zum Würth 400
Dover hat mir sehr gut gefallen. Klar, die ganzen Gelbphasen am Anfang hätte es nicht gebraucht - und die Logano-Gelbphase am Ende vielleicht auch nicht - aber im Grunde hat mir das Racing wirklich gut gefallen. Für mich war das Würth 400 eines der besten Rennen der bisherigen Saison. Schön lange Green-Flag-Runs mit der richtigen Strategie-Würze, darüber freue ich mich einfach.

Auch hat mir gefallen, dass NASCAR zusammen mit den Streckenbetreibern den Sonntag aufgrund des Schlechtwetters direkt abgesagt hat und damit ein ewig langes Rain Delay ohne Resultat verhindert hat. Ich finde, NASCAR hat gelernt und es war die richtige Entscheidung, das Rennen auf den Montag zu verschieben.

Gibt es einen Kritikpunkt? Nicht wirklich. Vielleicht der Chastain-Move gegen Poole, aber sowas sieht man auch in anderen Rennen mit anderen Fahrern. 

Abschließend hat mir auch sehr gut gefallen, wie Rusty Wallace, Mike Joy und Clint Bowyer harmoniert haben. Habe es sehr genossen, war eine wirklich gute Vorstellung. 

Bedanken möchte ich mich, bevor das hier zu Ende geht, bei allen #GermanHomeofNASCAR-Fans, die den Montag mit uns im Ticker durchgestanden haben. Und bei Dennis Hirtz, der uns Eindrücke aus Dover geliefert hat.

Wie ich bereits angekündigt habe, werde ich nun den gesamten Mai über nicht Tickern. Denn am Mittwoch fliege ich nach Valencia mit Marko Stipp Motorsport, da der EuroNASCAR-Saisonauftakt ansteht. Die Woche darauf bin ich dienstlich verhindert, ehe es für mich zu den 24 Stunden auf der Nürburgring Nordschleife geht und die Woche darauf wieder die Arbeit ins Haus steht. Aber Rob, Daniel und Robert werden das alles schon schaukeln! 

Und wie sagte Jacques Schulz, Kommentator meiner damaligen F1-Kindheit, immer: Keep racing!