Das NOCO 400 auf dem Martinsville Speedway ist in den Büchern - Eine Bewertung von Alessandro Righi
Liebe GermanHomeofNASCAR-Community,
in Virginia siegte trotz einer eigentlichen Stewart/Haas-Dominanz am Ende ein Hendrick-Fahrer. Kyle Larson, der erst kürzlich in "NASCAR's 75 greatest drivers" aufgenommen wurde, sicherte sich seine erste Grandfather Clock.
Doch wollen wir in der Bewertung einen genaueren Blick auf die Top Ten plus ausgewählte Fahrer werfen.
Sieger Kyle Larson: Insgesamt waren es zwar nur 30 von 400 Führungsrunden, dafür aber die wichtigsten. In Stage 1 Neunter, im zweiten Segment war er Zehnter. Eigentlich sah es nicht nach einem Larson-Sieg aus, aber die letzte Gelbphase, ausgelöst durch JJ Yeley, machte aufgrund der Strategie den Unterschied. Mit dem zweiten Sieg nach Richmond, der gleichzeitig den 21. Cup-Erfolg markiert, ist das Playoff-Ticket nun absolut sicher.
Runner-Up Joey Logano: Gleich zweimal flog Logano, der das Rennen aus dem Hinterfeld aufnehmen musste, aus der Führungsrunde. Das Rennen über kämpfte man bei der #22 mit dem Speed, die Stages beendete der amtierende Champion nicht besser als 26. Aber bei Penske hat man den Turnaround spät im Rennen geschafft, 25 Führungsrunden und der zweite Runner-Up nach Daytona dürfen sich sehen lassen.
Dritter Martin Truex Jr.: Das war mein Siegertipp. In der ersten Stage ging es für den JGR-Piloten nach hinten, bei der #19 kämpfte man den Großteil des 400-Runden-Rennens mit einem übersteuernden Toyota. In Stage 2 verlor Truex zwischenzeitlich gar eine Runde und landete nur auf Rang 31. Aber wie bei Logano: Das späte Erwachen hat es gebracht, zum Ende hatte Truex zwar noch richtig Dampf auf dem Kessel, für P2 hat es dann aber nicht mehr gereicht. Dennoch: Erstes Top-5-Ergebnis in der Saison 2023, auch wenn Truex wieder während einer Cup-Saison in die Victory Lane finden muss.
Vierter Denny Hamlin: Noch in Stage 3 stibitzte der JGR-Pilot dem bis dato Leader Chase Briscoe den ersten Platz, nur um diesen aufgrund der Green-Flag-Stopps an Daniel Suarez zu verlieren. Zugegeben, Hamlin hat danach zwar einen starken Run gezeigt, für Larson hat es trotz 36 Führungsrunden nicht gereicht. Aber: Rang vier bedeutet das beste Ergebnis 2023 und die erste Top-5-Platzierung obendrein.
Fünfter Chase Briscoe: Das war ein sehr starker Auftritt - und das trotz gebrochenem Mittelfinger! Mit 109 Führungsrunden im Gepäck sah das so aus, als könnte der SHR-Pilot seinen zweiten Sieg nach Phoenix I 2022 festmachen. Der Knackpunkt war die letzte Gelbphase, ausgelöst von JJ Yeley, da Briscoe die Führung an Logano verlor. Briscoe wurde bereits in der Woche zuvor in Bristol Fünfter.
Sechster Aric Almirola: Nur in Ausnahmefällen brilliert Almirola, wie an diesem Tag. Klar, Führungsrunden hat er nicht gesammelt, aber dennoch lag er in Stage 1 am Ende auf Rang zwei und sammelte bei der Entgegennahme der Zielflagge sein erstes Top-15-Ergebnis in der Saison 2023.
Siebter Ryan Blaney: Von P31, praktisch aus dem Nichts, bis in die Top Ten. Nach drei Nicht-Top-20-Ergebnissen war diese für den Penske-Fahrer auch mal an der Zeit, wieder abzuliefern. Klar, beide Stages waren außerhalb der Top Ten, aber der Penske-Pilot war da, wenn es gezählt hat. Fakt ist aber, dass Blaney endlich mal wieder siegen muss, in einem Penske-Ford kann man nicht seit dem Daytona-Sommer 2021 sieglos sein.
Achter Ricky Stenhouse Jr.: Warum denn nicht? Bereits in Bristol mit Rang vier stark gewesen, nun in Martinsville bestätigt. Wenn auch aus dem Nichts, wie bei Blaney, denn Stage 1 endete auf P23 und Stage 2 auf P14. Auch wenn es kein zweites Top-5-Ergebnis in der Saison wurde, muss man dem JTG-Fahrer zugutehalten, dass das Ziel ein anderes ist. Und zwar, wie Stenhouse selbst bestätigt hat: Eine durchschnittliche Ausbeute von 23 Punkten. Hat man mit deren 29 in Martinsville geschafft.
Neunter Bubba Wallace: So habe ich das auch noch nicht gesehen, dass ein Fahrer, der von seinem Boss - in diesem Fall Denny Hamlin - überrundet wird und anschließend den Bump auspackt, um sich zurück in die Führungsrunde zu boxen. Geklappt hat die Aktion nicht, Wallace war aber in Stage 1 als Siebter stark unterwegs. Stage 2 war die Ernüchterung, das finale Segment hat dann für das zweitbeste Saisonergebnis nach Las Vegas gesorgt. Dennoch muss da mehr kommen von Wallace, sonst könnte das mit den Playoffs sehr eng werden.
Zehnter Chase Elliott: Der Rückkehrer, der Josh Berry für den Fall der Fälle auf Stand-by hatte. Stark, dass Elliott die "Bremstortur" von Martinsville durchgehalten hat. Dabei sahen Stage 1 (21.) und Stage 2 (25.) nicht gut aus, eigentlich deutete alles auf einen Kampf für die Top 20 hin. Aber: Die letzte Gelbphase hat nochmals alles verändert, sehr gut gemacht. Um mal einen historischen Vergleich zu ziehen: Als Kyle Busch 2015 von seiner Beinverletzung zurückkam, und das nach elf verpassten Rennen, wurde dieser Elfter.
Ausgewählte Nicht-Top-Ten-Fahrer
Platz 13, Ross Chastain: Die Startnummer 1 für 31 Runden auf dem ersten Platz. Der Trackhouse-Pilot versuchte es zwar mit dem Strategie-Zock in Stage 2, funktioniert hat dies aber gegen einen schnelleren Kevin Harvick aber nicht. Denke, dass bei Chastain nicht mehr zu holen war.
Platz 15, Ryan Preece: Der Pole-Setter, der bereits seine Martinsville-Stärke in den Modified-Rennen bewiesen hat. Die erste Stage hat Preece, der zum ersten Mal in seiner Cup-Karriere einen Segment-Erfolg einsackte, absolut dominant gewonnen. Aber eine Speeding-Strafe kostete ihm die Führung, erholt hat er sich davon nie. Preece sammelte 135 Führungsrunden und damit mehr als in seiner gesamten Cup-Karriere zuvor. Da ging definitiv mehr, solch ein Ergebnis ist einfach brutal bitter.
Platz 20, Kevin Harvick: Vier SHR-Fahrer, die das Rennen hätten gewinnen können, aber keinem gelingt es - auch Veteran Harvick nicht. Der Stage-2-Erfolg - erster Segment-Sieg 2023 - versprach viel, das Genick brach ihm aber eine Felge, die in zwei Teile zerberstete. Sehr bitter für Harvick, da ging definitiv mehr.
Platz 21, Kyle Busch: Da ging aber mal absolut gar nichts. Also wirklich null. In Stage 1 22., in Stage 2 war es Platz 24. Und dann noch das "Schmusen" mit Corey LaJoie. Ich mein, in einem RCR-Chevy muss man es sich nicht unbedingt gegen einen Spire-Piloten geben. Das letzte Top-Ten-Ergebnis war für den jüngeren Busch-Bruder in Austin.
Platz 23, William Byron: Einer der großen Favoriten. Die Realität: Der Vorjahressieger hatte keine Chance. Zwischendurch kämpfte man offenbar mit Temperaturproblemen, aber dennoch: Nur Stage 1 in den Top Ten beendet, ansonsten war da nichts zu sehen. Und irgendwie fehlt Byron die Konstanz. In neun Rennen lediglich zwei Top-Ten-Ergebnisse, davon zwei Siege. Das ist mehr als nur mau.
Platz 24, Brad Keselowski: Zwischenzeitlich sah das für den RFK-Piloten richtig gut aus. Rang fünf in Stage 2 deutete auf einen sehr guten Tag im RFK-Haus hin. Denkste. Das Pech kam mit dem Boxenstopp-Zyklus unter Grün, als Keselowski in der Box zugegen war, ehe die gelbe Flagge geschwenkt wurde. Das ist dann einfach wirklich Pech. Dennoch: Letzter Fahrer in der Führungsrunde.
Platz 27/28, AJ Allmendinger bzw. Justin Haley: Wieder hat Kaulig Racing, obwohl ich die Truppe sehr sympathisch finde, nichts zu melden. Allmendinger wartet seit Daytona auf ein Top-Ten-Ergebnis, Haley verpasste es, die starke Form aus Bristol - wenn auch auf Dirt - zu wiederholen. Aber: Am kommenden Sonntag steht Talladega auf dem Plan, da könnten beide Piloten brandgefährlich werden.
Platz 33, Austin Cindric: Sein schlechtestes Saisonergebnis, bei Zielankunft. Irgendwie scheint er immer noch nicht den Groove gefunden zu haben. Er ist zwar an ausgewählten Renntagen stark unterwegs, aber an anderen wirkt er nicht existent. Das wird definitiv ein enges Spiel um die Playoffs 2023.
Platz 36, JJ Yeley: Ich weiß nicht warum, aber langsam werde ich noch Fan von Yeley. Schade, dass es den Einschlag samt Ausfall gab, aber ehrlich gesagt war Rick Ware Racing in dem Rennen so schlecht beisammen, dass der 34. Platz von Zane Smith sowieso das höchste der Gefühle war.
Fazit zum NOCO 400
Das Short-Track-Paket war bereits in Phoenix mehr als nur dürftig. Zwar gab es in Martinsville hier und da Duelle und im Endeffekt haben sich in den Long-Runs auch jene durchgesetzt, die die richtige Abstimmung zu dem Zeitpunkt hatten, aber wirklich große Action gab es nicht. Die Autos wirken auf die Straße "geklebt", trotz der Reduzierung des Abtriebs. Da muss NASCAR handeln, wenn man die Attraktivität des Pakets steigern will.
Begrüßen kann ich aber, dass die Gangart sehr fair war - nehmen wir Kyle Busch/Corey LaJoie mal weg. Es waren Duelle da, aber die waren sportlich und haben auch unterhalten. Denn ich bin der Meinung, dass es, nur weil Martinsville ein Short-Track ist, nicht auf die "Krach, Boom, Schepper"-Fraktion mit 15 Cautions und einem Zufallssieger hinauslaufen muss. Es kann auch mal ruhiger zugehen.
Und: Sehr gefallen hat mir Bobby Labonte als Experte. Das war eine wirklich gute Vorstellung, habe ich sehr genossen. Gerne wieder. Soll jetzt bitte nicht heißen, dass Tony Stewart seine Arbeit nicht mindestens genauso gut macht, ich wollte nur ein Lob an Labonte aussprechen.
Weiter geht es am Sonntag mit Talladega, wobei ich den Live-Ticker aufgrund meiner Arbeitszeit abgegeben werde. Übernehmen wird aller Voraussicht nach Kollege Rob. Aber: Wir halten euch im Laufe der Woche natürlich auf dem Stand!